Ego-Trip. Von einem gesunden Egoismus, den jede Mutter braucht.

Louise ist im November geboren. Wir sind frisch aus München zurück in die Berge gezogen und es begann zu schneien. Tagelang, Wochenlang und dann strahlte die Sonne vom tiefblauen Winterhimmel. Und ich? Wochenbett, Stillprobleme und tiefe Augenringe.

Vier Wochen nach der Geburt hielt ich es nicht mehr aus. Ich will da raus! Jetzt sofort! Eine Milchpumpe musste her und mein Mann durfte noch am selben Tag meine Ski wachsen, damit es schnellstmöglich losgehen kann.
Glücklicherweise fand Louise es super, von Papa mit dem Fläschchen gefüttert zu werden, so stand meinem ersten Ausflug ohne Kind nichts mehr im Wege. Pulverschnee und Skigaudi. Ich war so glücklich! Nur meine Freunde und ich, Ratschen, Scherzen und keiner interessierte sich groß für mein Neugeborenes daheim. Das fand ich merkwürdigerweise sehr angenehm, da ich zum ersten Mal wieder als Frau und Freundin wahrgenommen wurde und nicht als “Mama von..”.a

Kurz darauf kam die Rechnung: ich erzählte meinem Vater von meinem ersten Ausflug allein und wie traurig ich vorher war, meine geliebten Berge nur vom Tal aus zu sehen.
Seine Reaktion: “Hast du keine anderen Probleme? Du bist jetzt Mutter. Dein egoistisches Gehabe ist furchtbar”. Was folgte, waren Tränen, Wut, Enttäuschung und ein riesengroßes schlechtes Gewissen. Hatte er recht? Bin ich eine schlechte Mutter? Hätte ich Louise so früh nicht allein lassen dürfen?

Mit der Zeit merkte ich: Nein. Es war richtig. Ich wusste in diesem Moment, was mir gut tut und habe mich endlich mal nicht zurückgenommen. Die Bedürfnisse einer Mutter stehen ja ohnehin oft GANZ weit hinten.
Pinkeln wenn man muss? Trinken wenn man Durst hat? Warmer Kaffee? Fehlanzeige. Das Ergebnis? Eine gestresste, genervte Mutter, die selbst nicht mehr weiß, wer sie eigentlich ist.
So ging es mir oft zu Beginn, bis mein Mann sagte: “Bitte, Sophie, geh klettern mit den Mädels. Es tut Dir gut.” Er hatte recht.
Oft merkt man selbst nicht, wenn es mal wieder Zeit für eine Auszeit ist. Andersherum darf man auch nicht erwarten, dass der Partner es fühlt. Seine Bedürfnisse zu erkennen und dann auch zu artikulieren ist da schon ein Riesen Schritt, für den ich lange gebraucht habe. Einfach zu sagen: „Ich brauche jetzt Zeit alleine. Ich gehe jetzt laufen“, hat lange gebraucht. Und siehe da: die Reaktion war durchweg positiv. Louise kann genauso gut mit Papa sein und eigentlich vermisst mich auch niemand währenddessen.

Nur ich lerne wieder ein ganz besonderes Gefühl: Louise zu vermissen. Nur mit Abstand gelingt es ja, dieses Gefühl überhaupt wieder kennenzulernen. Und nach einer Runde Laufen stört das Windel-Brei-Spielzeugchaos auch schon viel weniger!

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