Es gibt Tage, da geht einfach gar nix. Schlecht geschlafen, Louise nörgelt, Heia doof, Essen doof, Mama doof. Da bleiben meist zwei Möglichkeiten: Raus mit uns. Oder…. raus mit uns. Mit Kleinkind heißt „Rausgehen“ aber für die Eltern meistens: „Rumstehen“. Rumstehen am Spielplatz, Rumstehen beim Laufradfahren, oder Rumstehen beim Ameisen Beobachten. Das ist im Winter oft eine ziemlich kalte Angelegenheit und außerdem spüre ich schon wieder diese innere Unruhe dank Sport-Mangel.
Deswegen versuchen wir heute mal was ganz Neues: ab in den Kinderwagen (inklusive lautem Protest!), Laufschuhe an und Trailrun auf den Berg.
Hinterm Haus liegt bei uns das Hocheck. Dort geht’s ziemlich steil auf den Gipfel, aber dafür erwarten uns oben Spielplatz, Kühe, Ziegen und eine traumhafte Aussicht auf Wilden und Zahmen Kaiser. Gipfelfeeling inklusive. Gute 300 Höhenmeter und etwa 12 Kilometer Laufstrecke liegen heute vor mir. Ich war bisher noch nie mit Kinderwagen joggen und bin schon gespannt, ob und wie das funktioniert. „Was? Du? Noch nie?“ Fragte eine Freundin danach. Nö, irgendwie fand ich es immer entspannter, das Joggen als „Me-Time“ zu begreifen. Aber heute geht’s eben nicht anders.
Zuerst joggen wir ganz gemütlich entlang am Auerbach. Louise hat ihren „Selber-Lauf“-Protest gut verkraftet und widmet sich ihren Büchern, die immer mit dabei sind im Kinderwagen und beobachtet die Schafe, die neben dem Weg auf der Wiese grasen. An der Bad-Trißl-Klinik angekommen geht’s nun steil bergauf auf der Fahrstraße, vorbei an vereinzelten Bauernhöfen und kleinen urigen Wohnhäusern. Ich muss zwischendrin gehen, weil meine Lunge dieses Schieben und Rennen bei zwei Grad Außentemperatur nicht so cool findet.
Oben am höchstgelegenen Bauernhof endet die asphaltierte Straße und ein Forstweg führt uns rein in den Wald. Der ist erfahrungsgemäß sehr matschig, aber der Reif auf der Wiese lässt mich hoffen, dass der Matsch zu Eis erstarrt ist. Ist er leider nicht. Es geht steil bergauf, der Wagen schaukelt wild über den holprigen Untergrund und ich stecke bald bis zu den Knöcheln im Matsch. Irgendwie ist die Situation so skurril, dass ich laut zu lachen anfange. Louise ist übrigens eingeschlafen und kriegt von dem Spektakel leider nichts mit. Nach zwanzig Minuten Matsch-Schlacht kommt aber der Gipfel in Sicht. Dooferweise ist das Gatter der Weide, die ich noch überqueren muss, zu schmal für Louises Kinderwagen, sodass ich noch einen älteren Herrn bitten muss, Kind und Wagen über den Zaun zu heben. Findet er nicht so lustig. Seine Frau schon. Immerhin.
„Louise, aufwachen! Wir sind da!“ Louise ist sofort hellwach, schlägt die Augen auf und sagt: „Berg! Kuh!“. Stimmt, am Gipfel sind die Kühe. Das weißt Du. Ein echter Local eben.
Wir wandern gemeinsam die letzten Meter hoch zum Gipfel und begrüßen die Kühe, die es sich rund ums Gipfelkreuz gemütlich gemacht haben. Sie kommen sofort zu uns und beginnen, meine Hand abzuschlecken. Das ist Louise ziemlich unheimlich und wir wollen die Kühe auch lieber in Ruhe lassen. So steigen wir zur anderen Seite ab und Louise rennt schon los in Richtung Spielplatz. Dort trifft sie sogar noch eine Kita-Freundin. So sind die beiden glücklich am Klettergerüst und ich genieße die Wintersonne in einem der Liegestühle, die dort oben stehen. Eigentlich hätte hier oben in ein paar Tagen schon locker der Skibetrieb begonnen, aber dieses Jahr steht alles still. Komisches Gefühl auf den stehenden Sessellift im Winter zu schauen.
Irgendwann wird’s mir in meinen Laufklamotten dann aber dann doch kalt, Louise ist müde gespielt, nass, dreckig und hungrig. Perfekt. Die Nudeln aus dem Thermobecher sind sogar noch warm. So gibt’s Nudeln und Tee für Louise und ich renne derweil die steile Fahrstraße runter ins Dorf. „Immer schee brems’n!“ ruft mir ein Wanderer grinsend zu. Puh, stimmt, hier sollte ich echt besser nicht den Wagen loslassen. Schon zwanzig Minuten später sind wir zurück im Ort und kurz darauf wieder zuhause.
Hat sich gelohnt, unser Ausflug. Ich werde noch tagelang Muskelkater vom bergab Laufen haben, und morgen ist definitiv Schuhe putzen angesagt, aber dafür ging das Laufen mit Wagen besser als erwartet. Und wie immer hat es sich bewahrheitet: Einfach mal machen, statt sich daheim ärgern. Wird schon gutgehen.