oder: wie ein verfressenes Pony unvergesslich wurde
Zugegeben, unser Timing war dieses Jahr nicht wirklich perfekt.
Sobald die Kindergarten-Ferien vorbei waren, sind wir in unseren Jahresurlaub gestartet.
Also 6 Wochen Vollzeit – Louise. 24 Stunden Familienzeit, ohne Pause.
Dafür habe ich dieses Jahr unseren Urlaub mal so richtig geplant!
In kurzen Etappen wollten wir mit unserem Bus in Richtung Italien gondeln, was aber letztendlich wörtlich ins Wasser gefallen ist. Das ist aber eine andere Geschichte.
Hoch oben über den Dingen
Unseren Urlaub begonnen haben wir nur 45 Minuten von uns entfernt, in der Wildschönau.
Noch nie gehört?
Die Wildschönau ist ein wunderschönes, idyllisches Hochtal in den Kitzbüheler Alpen. Hinter Kufstein, neben dem Zillertal, gegenüber vom Achensee. So ungefähr.
Ich hab dort Skifahren gelernt. Vor geschmeidigen 30 Jahren. Es wird also höchste Zeit dorthin zurückzukehren!
Und diesmal habe ich sogar einen richtigen Plan ausgeheckt, was wir alles unternehmen wollen in den nächsten Tagen – die Auswahl ist nämlich endlos und ich weiß garnicht, wo wir eigentlich anfangen sollen! Almenwanderungen, Gipfelglück, Seilbahnfahrten, Drachenland, Ponyreiten, Museen, Themenwege und Kinderparadiese locken an allen Ecken.
Wie so ein Miniaturwunderland in der wahren Welt wirkt es hier oben. Weit weg von der realen Welt.
Ganz bewusst verzichten wir auch auf Zeitungslektüre, Fernsehen und sonstige Nachrichten-Berieselung. Einfach im hier und jetzt sein. Über allen Problemen stehen, sozusagen. Familienzeit deluxe.
Im Kinder-Paradies
Wir haben für unsere ersten auf Reisen im Hotel eingecheckt. Das befindet sich praktischerweise direkt neben dem neu eröffneten Drachental mitten im Ortszentrum von Oberau. Downtown-Wildschönau sozusagen.
Das Drachental ist ein wunderschön angelegter, riesengroßer Kinder-Spiel- und Freizeitpark für alle Altersgruppen. Ein großer Spielteich mit Wasserspielen und Floß warten auf uns, dazu Hüpfburgen, Trampoline, Kletterparcours, Schaukeln, Rutschen, Kugelbahnen, Kinder-Biketrails und vieles mehr. Alles in die Natur eingebunden, nagelneu, durchdacht und wirklich schön.
Eher leise als laut, eher gemütlich als aufgeregt.
Ganz bewusst sollen hier unten im Tal Einheimische und Besucher zusammen Zeit verbringen können. Ohne Eintrittsgebühren, ohne Liftticket.
Lieber Herr Bürgermeister, ich will bitte auch sowas bei uns daheim!
Tag 1: Drachental & Markbachjoch
Louise klettert im Drachental wie verrückt auf den Balancierbalken herum, kraxelt ins Drachenmaul, schmeißt ihre Schuhe von sich und stürzt sich in den kleinen Wasserpark.
Fühlen, sehen, bewegen, entdecken und dabei spielerisch die Gesetze der Natur kennenlernen.
Genau mein Ding. Louise ist auf jeden Fall beschäftigt, mein Mann saust zur Gaudi mit seinem Mountainbike durch den kleinen Bikepark nebenan und ich stecke die Füße ins Wasser und genieße die wärmende Septembersonne, bis wieder ein lautes „Maaamaaaa“ ertönt.
„Was machen wir jeeeeetzt?!“
Wie wär’s mit Liftfahren?
In jeder Hotelübernachtung in der Wildschönau inkludiert ist nämlich die Wildschönau-Card.
Damit kann man kostenlos mit den Seilbahnen fahren, ins Museum gehen, im Schwimmbad plantschen und vieles mehr. Perfekt für unsere kleine Seilbahn-Närrin Louise. Täglich auffi aufn Berg. Mit jedem Lift einmal, natürlich.
Also ab auf die Radl, runter ins nächste Dorf, rein in die Seilbahn und schon kurze Zeit später begrüßt uns eine Kuh an der Bergstation Markbachjoch, die uns neugierig beschnuppert.
Wir wandern in der schon tiefstehenden Sonne gemütlich zum nahe gelegenen Gipfelkreuz, bauen mit Louise Wichtelhäuser und spielen Kuhfladen-Weitwurf. Kein Höhenmeter-Stress, kein Gipfelfieber. Familienzeit pur.
Und das Ganze gibt’s auch noch mit Paradeblick auf den Wilden Kaiser und unser Heimatdorf hinter der Grenze. So fern, und doch so nah.
Nach einer ausgiebigen Plantsch-Runde im Hotelpool ist Louise passenderweise sowas von fertig und beschert uns einen gemütlichen Abend zu Zweit inklusive Aperitif und 4-Gänge-Menü. Was will man mehr?
Tag 2: Ponyreiten & Schatzberg
Am nächsten Morgen steht ein ganz besonderer Besuch auf dem Programm: Trixie wartet auf uns am Ponyhof.
Trixie ist das verfressenste Pony, das man sich nur vorstellen kann.
Hat null Interesse, auch nur einen Meter zu laufen, ist dafür aber unentwegt auf der Suche nach neuen Delikatessen. Eigentlich wie Louise auch.
Wir haben die Ehre, mit ihr spazieren zu gehen und sollen dabei aufpassen, dass sie nicht so viel frisst. Ha, ha. Ab der ersten Minute zerrt sie an ihrer Leine und steuert schnurstracks in die nächste Wiese, aus der wir sie kaum mehr herausbekommen.
Louise hat sich kurz getraut, sich auf Trixies Rücken zu setzen, bis diese im Laufschritt um 90 Grad gewendet hat, um Frühstücks-Nachschub zu besorgen.
Gut, Louise runter vom Pony, rauf auf dem Arm und Trixie an der Leine.
Zurück in den Stall. Mittagessen. Ha, ha.
Ein Pferdefan wird Louise wohl nicht mehr. Ist mir ja eigentlich ganz recht.
In diesem Sinne, DANKE Trixie, du coole Socke!
Ab auf den Schatzberg!
Die nächste Seilbahnfahrt wartet auf uns! Würde mir ja nie einfallen, 25€ zu bezahlen, um auf den Berg gefahren zu werden, aber mit der Wildschönau Card macht’s echt Gaudi!
Wir radeln schnell rüber zur Gondel, und schon schweben wir in Richtung Gipfel.
Oben am Schatzberg erwartet uns ein reines Farbenmeer.
Rot, gelb, lila, grün. In allen Schattierungen leuchten die Heidelbeer- und Erikafelder zu unseren Füßen.
Der Herbst am Berg ist einfach magisch!
Laut Louise war der Osterhase da und hat seinen Farbeimer am Berg umgeschmissen. Kann gut sein, so wie es hier ausschaut!
Wir wandern einen kleinen Rundweg zu einem Speichersee, bauen Steinmännchen und machen ein kleines Picknick am Gipfel, bevor’s wieder zurück ins Tal geht. Die Sonne geht schon fast unter und Louise will -natürlich- nochmal ins Drachental. Klar, spiel Dich müde. Ist mir recht!
Tag 3: Holzmuseum & Thierbach
„Louise, was magstn heute machen?“
„Einkaufen gehen. Für Trixie. Die hat so Hunger. Armes Poonyy.“
Schluchz, ja, arme Trixie. Ich denke, sie überlebt auch ohne Louises Almosen ganz gut.
Also satteln wir lieber die Radl statt das Pony und sausen ins Holzmuseum.
Ich muss zugeben, ich hasse Museen.
Aber das 1. Tiroler Holzmuseum ist wirklich ein absolutes Must-See!
Von privater Hand geführt erwartet uns ein uriges, verwinkeltes Holzhaus mit 59 nach verschiedenen Themen gegliederten Ausstellungsräumen. Über 3000 Exponate sind hier in jahrzehntelanger Arbeit zusammengetragen worden, die uns wirklich alles über das Holz erzählen.
Ob aus technischer, heilkundlicher, kultureller, geschichtlicher oder kindgerechter Perspektive – hier findet einfach jeder was.
Louise saust sofort zum Pumuckl-Turm, kraxelt, testet, spielt.
Mein Mann kommt aus dem Staunen sowieso nicht mehr raus und schwirrt stundenlang mit leuchtenden Augen durch die Räume.
Wie Janoschs „Wolkenzimmerhaus“ sieht’s hier aus. Falls ihr das schon kennt.
Wir versprechen, dass wir mit Opa bald wiederkommen und radeln 300 Höhenmeter hinauf nach Thierbach, Tirols höchstem Almdorf.
Dort beginnt der Elfenweg, ein Themen-Wanderweg genau nach Louises Geschmack.
Auf diesem Rundweg sind nämlich die Elfen eingezogen und überall am Wegesrand erhaschen wir den Blick auf kleine Wichtelhäuser, geschnitzte Figuren und andere Spuren, die die Elfen hinterlassen haben. Spielplatz, Holzschaukeln und Kletterbalken dürfen natürlich auch nicht fehlen.
Die Einkehr im Sollererwirt danach wird zu unserem kulinarischen Highlight.
Wir gönnen uns einfach mal am Nachmittag ein Achterl Gelben Muskateller und speisen dazu richtig, richtig gut. Louise turnt am Spielplatz gegenüber herum, saust mit den Gokarts durch den Hof und labert die Alpakas voll.
Die sind irgendwann taub und ziehen sich in ihr Häuserl zurück.
Sorry, Alpakas, ich verstehe Euch!
Tag 4: Immer wieder Drachental
6:10 Uhr. Louise ist wach. „Jetzt gehma ins Drachental. Und dann Milchschaum trinken.“ Du hast ein Leben, kleine Luxusbiene!
Papa lässt sich breitschlagen, zu gehen und ich gönne mir eine Runde Morning-Yoga auf der Terrasse. Wir treffen uns beim Frühstück und Louise kriegt kaum Luft vor lauter Erzählungen über die Holzkugel, die der Papa ihr gekauft hat und dass die vom Drachen runtersaust und schwimmen kann und, und, und…
Schweren Herzens packen wir nun unseren Bus wieder voll und setzen unseren Weg fort in Richtung Süden. Am nächsten Tag sollen wir in der Steiermark landen, statt in Italien. Macht nix. Wir sind ja tiefenentspannt nach unseren Tagen im Miniaturwunderland.
Und Louise fragt natürlich am nächsten Morgen wieder nach Trixie. Immer wieder Trixie.
Dieses verfressene kleine Pony hat wirklich tiefen, tiefen Eindruck hinterlassen.