Sobald man an einen Kurztrip in den Süden denkt, fällt einem automatisch der Weg über den Brenner ein.
Aber Brenner kann jeder – Felbertauernstraße it is!
Erstens führt der direkteste Weg in den Süden schnurstracks über die Felbertauernstraße von Kufstein bis an die Adria.
Zweitens spart man sich das Pickerl und zahlt weniger Maut, egal mit welchem Gefährt man unterwegs ist.
Drittens kommt man auf dem Weg in den Süden rein zufälligerweise noch an Osttirol vorbei, was alleine schon eine Reise wert ist.
Louise darf ein langes Wochenende bei Oma & Opa verbringen und wir packen unsere Ski-Kollektion ins Auto, um ein entspanntes Skitouren-Wochenende in Matrei in Osttirol zu verbringen.
Während bei uns schon die ersten Krokusse sprießen, herrscht in den Alpen nämlich noch feinster Spätwinter und es liegt massenhaft bester Schnee zu Skifahren, Langlaufen und Schneeschuhwandern.
Anreise mit Aussicht
Allein die Anreise ist ein Genuss: von Kufstein aus geht es den Eiberg hinauf, vorbei an Scheffau, Ellmau, Going und dem Wilden Kaiser. Kurz danach kommt Kitzbühel und das riesen Skigebiet „Kitzski“, das uns bis zum Pass Thurn kurz vor Mittersill verfolgt. In Mittersill geht’s wieder auffi auf den Berg und rauf auf die Felbertauernstraße. Dort wollten wir am Weg eigentlich noch die Schösswendklamm und den Hintersee, sowie den Elisabethsee besuchen, aber es liegt noch so viel Schnee, dass all die wunderschönen Bergseen noch in tiefem Winterschlaf liegen.
Wir haben ja Zeit, so ohne Kind und heute ist der Weg das Ziel.
Das Matreier Tauernhaus: Startpunkt in die Berge
Die eineinhalb Stunden Fahrt verfliegen so schnell und schon verlassen wir den Felbertauerntunnel am Südportal und biegen direkt ein zum Matreier Tauernhaus: dem Startpunkt für unsere erste kleine Skitour.
Kalt ist es heute, windig und es schneit leicht. Wir ziehen dennoch unsere Tourenski an und machen uns auf ins idyllische Gschlösstal. Sanft ansteigend zieht es sich hinein in das wilde Tal, das jetzt im Winter nur andeutet, wie wahnsinnig hübsch es hier im Sommer sein muss. Links und rechts erheben sich die umliegenden 3000er in den Himmel und schon bald zeigt sich der Großvenediger, der wie ein Schutzpatron über Osttirol zu liegen scheint. Nur gute 2000 Höhenmeter und 10 Stunden Fußmarsch trennen uns von dem wohl schönsten 3000er der Ostalpen. Aber es ist noch zu früh im Jahr, die Spalten sind noch zu und der Großvenediger ist wirklich nichts für eine schnelle Tagestour. Gut, dass ich schon oben war. Das nimmt den Bergstress und lässt Raum zum Genießen.
Unsere Tour heute führt uns bis Außergschlöss. Vorbei an der Felsenkapelle und idyllischen Almdörfern, die wie aus der Zeit gefallen scheinen. Wir sind völlig allein, treffen niemanden ausser einen riesigen Bartgeier, der hier in den Steilwänden brütet.
Und das alles in nur eineinhalb Stunden Fahrtzeit! Wir fragen uns heute noch öfter, warum wir bisher eigentlich so selten in Osttirol waren.
Der Eispark Osttirol
Bei der Einkehr im Matreier Tauernhaus setzen uns die Bergführer am Nebentisch gleich den nächsten Floh ins Ohr: am Beginn des Gschlösstals wurde vor ein paar Jahren der Eispark Osttirol installiert. Der größte künstliche Eisklettergarten Osttirols. Hier kann man in relativ sicherer Umgebung seine ersten Eiskletter – Versuche wagen. Nur mit Guide, versteht sich.
Verlockend, wirklich. Ich weiß aber noch nicht, ob ich mich traue, nachdem ich dank Louise beim Sportklettern in den letzten Jahren mehr und mehr Angst bekommen habe.
Skifahren mit Großglockner-Blick
Am nächsten Morgen steht Skifahren auf dem Programm. Direkt neben unserem Hotel beginnt das kleine, feine Skigebiet „Großglockner Resort Kals-Matrei“. Wie der Name schon vermuten lässt, verbindet das Skigebiet die Bergorte Matrei und Kals am Fuße des Großglockners. Der thront eigentlich über dem Skigebiet und lässt eine wahnsinnige Aussicht auf seinen Doppelgipfel zu. Heute allerdings haben sich ein paar hartnäckige Wolken am Gipfel festgesetzt und lassen uns keinen Blick erhaschen.
Das Skigebiet besticht durch wirklich coole Skirouten und Varianten, sodass wir einige lässige Tiefschneeabfahrten finden können. Für Kinder ist das Skigebiet vielleicht nicht ganz optimal, es sind eher wenige blaue Pisten zu finden (gut für Könner!) und dank seiner Höhe ist es zwar schneesicher, aber auch kalt.
Wir haben auf jeden Fall ziemlich Muskelkater nach dem Tag pisteln – perfekt für unsere große Skitour am nächsten Tag.
Skitour auf die Hohe Saile
Um Punkt 8 holt uns Michael, seines Zeichens Chef der Kalser Bergführer am Hotel ab und wir fahren mit ihm erneut über die Felbertauernstraße zum Matreier Tauernhaus, wo unsere heutige Skitour auf die Hohe Saile (2993m) starten soll. Es hat Neuschnee gegeben und Michael weiß natürlich, wo der beste Powder zu finden ist.
Ich bin ziemlich aufgeregt, ob ich mit den zwei Männern heute mithalten kann, aber meine Aufregung verfliegt schnell.
Michael legt ein perfektes, gleichmäßiges Tempo vor, sodass nebenher noch Zeit bleibt, ihn über sein Leben als Bergführer und die Region auszufragen. Über 100 Mal war er bereits am Großglockner – zum ersten Mal mit 12. Louise, noch 9 Jahre! Ich kann es mir kaum vorstellen!
Mit Bergführer im Skitourenparadies
Unsere Skitour führt uns zum Glück erneut durch das idyllische Gschlösstal, heute bei strahlendem Sonnenschein.
Wir treffen auf den Nationalpark-Ranger, der sich mit Schneeschuhen und Fernglas auf die Suche nach dem brütenden Bartgeier-Paar macht. Wir sehen perfekt gefrorene Eisfälle, Eiskletterer und verschiedenste Tierspuren, die uns den Weg ins Tal zeigen. Kurz vor’m Talschluss biegen wir ab in nördliche Richtung, überwinden eine Steilstufe und finden uns in perfektem Skitourengelände wieder. Frisch verschneit, ideal kupiert, sonnig und mit freiem Blick auf den Großvenediger gegenüber. Da Michael spurt, konzentriere ich mich nur auf mich, meinen Schritt und genieße die Stille. Man hört nichts hier oben, wirklich nichts. Das Schleifen der Ski auf dem Schnee, mein Atem. Sonst nichts. Wie in einer Art Trance stapfen wir den Berg hinauf. Das Hirn wird plötzlich leer, das Gedankenkarussel hört auf, sich zu drehen. Wir sind einfach hier. Allein. Im Jetzt. Ein Traum.
Nach guten 1500 Höhenmetern sind wir am Ziel. Wie zu erwarten ist die Aussicht gewaltig hier oben. Wir stehen, jausnen und staunen, bis wir uns die Felle von den Ski reißen und die unverspurten Hänge auf dem Weg ins Tal mit lautem Jauchzen hinuntersausen. Ewig könnte es so weitergehen. Paradise: found!
Auch Michael macht es sichtlich Spaß und ich bin mir sicher, dass es nicht das letzte Mal sein wird, dass wir mit ihm unterwegs sind. Mit Bergführer ist’s einfach nochmal etwas ganz Besonderes.
Osttiroler Cappuccino und Kitzbüheler Schmankerl
Am Nachmittag haben wir sogar noch Zeit, Matrei unsicher zu machen. Wir kaufen den Hofladen leer, testen Osttiroler Cappuccino (man merkt die Nähe zu Italien!) und staunen über die hohen Schneeberge, die uns vom Tal aus entgegen leuchten.
Während des Rückweges ist zum Glück wenig los auf den Straßen: mit gefühltem Tempo 30 fahren wir über die Felbertauernstraße nachhause, so imposant ist das Bergpanorama auf dem ganzen Weg.
Wir halten sogar noch in Kitzbühel – muss man mal gesehen haben – und treffen dann Louise mit Oma & Opa beim Skifahren.
Das erste, was sie zu uns sagt: „Jetzt ist Sommer. Jetzt können wir mit Rosl (unserem Bus) wieder nach Italien fahren, okay?“. Okay! Machen wir! Nächstes Ziel: Adria. Natürlich über Osttirol.
Wir freuen uns!