Liebe Kraxe, wir hatten leider nie so ein gutes Verhältnis.
Louise mochte dich nicht sonderlich, Du warst mir schnell zu schwer. Nun ist Louise dreieinhalb und ignoriert Dich. So sehr, dass es schmerzt. Traurig stehst du schon das ganze Jahr im Flur, unsere gemeinsamen Ausflüge hast du allein verbracht. Leer und einsam.
Es tut mir leid, ich glaube, unsere kurze gemeinsame Zeit ist schon vorbei.
An der Kraxe scheiden sich die Geister.
Viele Kinder lieben sie, sitzen jahrelang gerne weit oben auf ihrem Thron, beobachten die Welt und lassen sich gemütlich den Berg hinauftragen.
Andere Kinder hingegen fühlen sich eingeengt, laufen bald lieber selber, oder bevorzugen die Trage – so wie Louise.
Ab welchem Alter nutzt man eine Kraxe?
Unsere erste Kraxe haben wir gekauft, als Louise 1,5 Jahre alt war. Das Kraxen-Alter ist erreicht, wenn das Kind seinen Kopf sicher selbst halten kann, also ab einem guten Jahr. Vorher trugen wir Louise ausschließlich vorne in der Trage, die ersten vier Lebensmonate in einem elastischen Tragetuch. Danach haben wir uns über eBay Kleinanzeigen eine Kraxe zugelegt. Uns war wichtig, dass die Rückenlänge verstellbar ist, damit ich sie mit meinen knappen 1m60 genauso gut tragen kann wie Lars oder mein Papa mit über 1m80.
Der Kauf einer Kraxe zum Bergsteigen mit Kind schien uns der einzig mögliche logische Schritt. Macht man doch so, dachten wir. Die ersten Bergtouren fand Louise es auch wahnsinnig toll in der Kraxe. Endlich hatte sie eine tolle Aussicht, wir konnten gemeinsam die Berge entdecken. Doch in wachem Zustand saß sie von Anfang an nicht länger als eine halbe Stunde freiwillig in der Kraxe. So nutzen wir meist die Mittagsstunden für eine Bergtour und wanderten den Großteil der Tour dann, wenn sie schlief.
Trage oder Kraxe?
Als Louise älter wurde, durfte sie selbst entscheiden, ob wir lieber die Trage oder die Kraxe mit in die Berge nehmen. Sie entschied sich fast immer für die Trage. Und mir war es auch sehr recht.
Mir fällt es leichter, Louise in der Trage am Rücken zu tragen, da der Schwerpunkt näher am Körper ist. Die Kraxe baut einfach hoch auf und mit steigendem (Kinder-)Gewicht, ist das Wandern dann wirklich eine Herausforderung. Dazu kommt, dass ich die Kraxe dank meiner geringen Körpergröße kaum allein auf- und abgesetzt bekam, als Louise alle 3 Minuten rein- und wieder raus wollte.
Dass ich keine Chance hatte, Louise zu sehen, oder ihr schnell mal eine Trinkflasche zu reichen, wenn ich allein unterwegs war, war für mich auch immer ein großer Minuspunkt. Auf der anderen Seite gibt’s mit Trage immer das Problem des Stauraums – ich hatte allein meist dann nur eine Bauchtasche mit dem Nötigsten dabei.
Bezüglich des Transports gewinnt die Trage natürlich um Weiten im Gegensatz zur Kraxe:
Wir befestigen die Trage bis heute easy mit einem Karabiner an den Rucksack und haben sie so immer als Notfall-Plan dabei, wenn die aktue Lauffaulheit einsetzt. So sparen uns so den Transport der riesigen Kraxe, die dann ohnehin meist leer bliebt.
—> Einen ausführlichen Trageguide zum Thema Trage oder Kraxe findet ihr HIER
Ab welchem Alter nutzt man die Kraxe nicht mehr?
Effektiv benutzt haben wir die Kraxe ungefähr von 18 bis 30 Monaten, also ein Jahr lang. Vorher war Louise wie gesagt im Tuch und Trage, ab zweieinhalb bis drei Jahren wird das selber Laufen einfach zu interessant. Dabei muss gesagt werden, dass ich nur von unserer eigenen Erfahrung spreche. Es gibt durchaus Kinder, die auch mit 4 Jahren noch gerne in der Kraxe sitzen!
Bei uns war mit dreieinhalb Jahren endgültig Schluss. Da ist dann auch der Punkt erreicht, wo die meisten Kraxen eng werden und das Kind nicht mehr ganz so komfortabel sitzt. Zudem überschreiten die Kids meist die 15-Kilo-Marke, das, zusammen mit dem Gewicht der Kraxe, ein ganz ordentliches Zusatzgewicht ergibt. Und für die meisten (Frauen) unter uns dem Tragen ein natürliches Ende setzt. Ich kann Louise zwar nach wie vor noch in der Kraxe tragen, es ist aber zum Einen wahnsinnig anstrengend und schmerzt mit der Zeit im Nacken und auf der Hüfte – eben dort, wo die Kraxe ihr Gewicht auf unseren Körper verteilt.
Die Kinder sind in diesem Alter auch so sprunghaft in ihren Entscheidungen, dass sie meist alle paar Minuten ihre Meinung bezüglich des Tragens ändern. Mal wollen sie rein, dann direkt wieder selber laufen, weil sie eine Treppe, einen Felsen, einen Käfer sehen. Das andauernde Auf- und Absetzen der Kraxe ist, zumindest für mich, wahnsinnig anstrengend uns sicherlich nicht förderlich für einen gesunden Rücken. Bei uns heisst’s deswegen: dauerhaft selber laufen oder einmal (ja! einmal!) in die Trage und dann aber auch sitzen bleiben.
Wenn Papa dabei ist, gibt es natürlich noch die Königsoption: SCHULTERN. Da kann keine Trage und keine Kraxe mithalten. Nur dass Papa nach spätestens 10 Minuten die Krise bekommt, wenn Louise ihm die Sonnenbrille vom Kopf schlägt, seine Ohren blutig massiert oder Papa als Pony missbraucht und sich so fest an seinen Haaren festhält, als sei es eine Pferdemähne.
Wo kaufe ich eine Kraxe?
Vielleicht kauft ihr erstmal gar keine Kraxe. Ausleihen it is!
Bevor ihr direkt ins nächste Sportgeschäft geht, leiht Euch bitte zunächst verschiedene Kraxen aus und testet diese auf Euren Touren. Jede Kraxe bietet einen ganz unterschiedlichen Tragekomfort für Kind und TrägerIn. Ich kam mit einigen Kraxen überhaupt nicht zurecht, andere passten mir sehr gut. Und: während eines kleinen Rundgangs durchs Wohnzimmer werdet ihr kaum merken, ob und wo eine Kraxe mit der Zeit drückt. Nehmt sie deswegen unbedingt mit auf Eure Tour und testet sie auf Herz und Nieren, auch hinsichtlich der Staumöglichkeiten und Sonnen- und Regenschutz.
Fragt Freunde, ob sie Euch ihre Kraxe mal ausleihen, oder informiert Euch direkt in den Tourist-Informationsbüros in den Tourismusregionen. Diese verleihen Kraxen oft tageweise, oder vermitteln Euch an Sportgeschäfte, die Kraxen verleihen.
Wenn ihr Euch doch für den Kauf entscheidet: eBay Kleinanzeigen in Deutschland, oder willhaben.at in Österreich sind eine super Adresse. Dort gibt es massenhaft gebrauchte Kraxen, die wie neu aussehen. Und meist könnt ihr sie fast für denselben Preis nach dem Gebrauch weiterverkaufen.
Nicht, dass auch Eure Kraxe wie unsere so traurig im Flur steht und von der großen weiten Bergwelt träumt.